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Fitktion

Fiktion und ihre erstaunliche Macht. Was wäre, wenn …?

Fiktion und ihre erstaunliche Macht

Die kapitale Macht der Fiktion entfaltet sich durch die Frage “Was wäre, wenn …” Die Frage ermöglicht der Fantasie, in Szenarien zu denken. Sie kann uns auch heitere Momente bescheren:

Was wäre,

… wenn ein gewisser Herr in Moskau (der ja irgendwie krank zu sein scheint – außer seinen irrsinnigen Taten deutet darauf auch sein aufgedunsenes Gesicht) einfach vom Stuhl fiele und unter dem überlangen weißen Tisch läge? Bewegungslos. Ohne Atem. Herzstill?

Man würde ihm für diese einzige gute Tat ein schönes Begräbnis bescheren: Der weiße Tisch wäre schnell in einen Stretch-Sarg verwandelt, auch die Stretch-Limousine fände darin Platz. Sicher auch die Jacke für zwölftausend Euro.

Ach, ein schöner Gedanke!

Er hat sich sowieso in die Isolation manövriert. Und dahin führte ihn – ein Was wäre wenn-Gedanke, also eine Fiktion.


Russland ist nicht mehr wichtig genug? Die USA drohen damit, die Ukraine in die Nato zu nehmen? Dann greifen wir doch lieber gleich mal an. Ist auch praktisch, dann haben wir bald den fußläufigen Zugang zur Krim, so können wir mit der Stretch-Limousine schöne Sonntagsausflüge machen. All unsere Bewunderer winken mit kleinen Russland-Fähnchen. Mit den neuen, die haben das Z drauf.
(Weiß der Teufel, was das bedeutet.)

Die Macht der Geschichten

Nationen sind auf Geschichten aufgebaut, sagt der Historiker und Bestsellerautor Yuval Noah Harari in einem Gastbeitrag für den “Guardian”. Und über Putin:

Er mag alle Schlachten gewinnen, aber den Krieg verliert er trotzdem. Putins Traum vom Wiederaufbau des russischen Imperiums beruht seit jeher auf der Lüge, dass die Ukraine keine echte Nation sei, dass die Ukrainer kein echtes Volk seien und dass die Einwohner von Kiew, Charkiw und Lemberg sich nach der Herrschaft Moskaus sehnten. Das ist eine komplette Lüge – die Ukraine ist eine Nation mit einer mehr als tausendjährigen Geschichte, und Kiew war bereits eine große Metropole, als Moskau noch nicht einmal ein Dorf war. Aber der russische Despot hat seine Lüge schon so oft erzählt, dass er sie offenbar selbst glaubt. (…)

Als Kind wuchs er mit Geschichten über deutsche Gräueltaten und russische Tapferkeit bei der Belagerung von Leningrad auf. Jetzt produziert er ähnliche Geschichten, schlüpft aber selbst in die Rolle Hitlers. (…)

Harari unterscheidet – und das ist wesentlich – zwischen der Fiktion, die auf der Lüge aufbaut (also der des russischen Despoten) – und jener Fiktion, die die ukrainische Geschichte auch zukünftig charakterisiert:

Mit jedem Tag, der vergeht, kommen weitere Geschichten hinzu, die die Ukrainer nicht nur in den kommenden dunklen Tagen, sondern auch in den kommenden Jahrzehnten und Generationen erzählen werden. Der Präsident, der sich weigerte, aus der Hauptstadt zu fliehen, weil er den USA sagte, er brauche Munition und keine Mitfahrgelegenheit; die Soldaten von Snake Island, die einem russischen Kriegsschiff sagten, es solle sich selbst ficken; die Zivilisten, die versuchten, russische Panzer aufzuhalten, indem sie sich in deren Weg stellten. Das ist der Stoff, aus dem Nationen gemacht sind. Auf lange Sicht zählen diese Geschichten mehr als Panzer. (übersetzt mit Hilfe von deepl.com, Hervorhebungen von mir.)

Harari sprach – während eines TED-Talks – häufig von der “Fantasy” Putins. Also von einer Vorstellung, die eben erst die Wirklichkeit formt.

Fiktion in ihrer überraschenden Auswirkung auf die Wirklichkeit

Nicht nur der Herr in Russland dachte: Was wäre wenn …? Sondern auch einer in der Ukraine (und alle, die hinter ihm stehen) – Wolodimir Selenskij sprang ja direkt aus der Fiktion der Serie „Diener des Volkes“ in die Wirklichkeit. Schauen wir der Fiktion mit ihrer überraschenden Auswirkung auf die Wirklichkeit doch mal ins Auge.

(Übrigens: Ist sie nicht auffällig, diese Wladimir-Wolodimir-Wladimirowitsch-Namensgebung?)

Was wir hier auch erkennen können, wenn wir wollen: Das Problem ist männlich. Auf beiden Seiten, sorry, Ihr Heldenverehrer*innen. Auch die Fantasy eines Herrn Selenskij ist immer (noch) männlich. Seine Helden sterben, was das Zeug hält, sie opfern man sich bis zum letzten Blutstropfen.

Liebe Frauen, nehmen wir endlich den Männern das Zepter aus der Hand. Sie schaffen immer wieder “Helden”, wie Alice Schwarzer analysiert. Dies geben einerseits alles – auch ihr Leben – für ihr Heimatland. Sie verbünden sich andererseits mit dem Teufel, um noch mehr Macht, Ansehen, ein größeres Land zu haben.

Aber allüberall, komme, was da wolle, beuten sie die Erde aus, um noch mehr Mammon zu scheffeln. Produzieren Waffen, um Kriege zu führen. Denken nur an sich und ihre Bitcoin-Konten und fliegen ins Weltall. Das ist auch eine Fiktion: neue Lebenswelten für sich und die wenigen Auserwählten zu schaffen.

Es ist ein Kreuz. Wir müssen umdenken. Andere Fiktionen schaffen. Neue Geschichten erzählen. Weltumspannend. Fruchtbar. Das Narrativ umdrehen. 

Der Krieg ist ja nicht die einzige “Fiktion”, die schlimme Wirklichkeit wurde.

All die Narrative, die Erzählungen vom guten Plastik, vom immer währenden Rohstoff, von der Unendlichkeit der natürlichen Ressource. Wohin haben sie uns geführt? In die Irre und die Abhängigkeit von Despoten (siehe die Reise des neuen Wirtschaftsministers).

Frauen, nehmt das Zepter in die Hand. Schafft neue Fiktionen: Denkt nicht mehr in Helden- und Nationen-Kategorien, nicht mehr in Kriegsdimensionen. Sondern in jenen des Friedens und der Gemeinsamkeit. Okay, wir nehmen auch friedliche Jungs.

Machen wir uns wenigstens diese Fiktion!

Wie das geht, erfahren Sie in unseren Kursen. Z.B. bezüglich der (guten) Held*innen: Live-Seminar “Figuren entwickeln“; wie sie überzeugend miteinander sprechen: Live-Seminar “Gute Dialoge schreiben“. Und schließlich, um die Geschichten zu einem Happy End zu führen: Live-Seminar “Plotten“.

Photo von Tina Hartung auf Unsplash

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