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Die Arbeit am offenen Herz – von Simone Grawe

Die Arbeit am offenen Herzen  

“Herz-“Geschichte von Simone Grawe; entstanden i2005 im Wochenendkurs Kreatives Schreiben in Potsdam an einem einzigen Wochenende .
Aus gegebenem Anlass veröffentlichen wir ihn jetzt hier. Simone Grawe lebte in Bern.
Herz

Sie stellte ihr Auto rechts an den Strassenrand und blieb sitzen. Den Eingang des Verlagshauses hatte sie im Blick. Sie wusste, sie war viel zu früh. Es war ihr recht, noch Zeit zu haben für sich, Zeit zum Nachdenken. Es fing an zu regnen, und die Scheiben beschlugen sich allmählich. Auch das war ihr recht, so war sie geschützt vor Blicken.

Ohne dass sie es beabsichtigte, zog es sie um Jahre zurück. Um viele Jahre. Sie lächelte und schüttelte gleichzeitig den Kopf: Wie ein Wunderkind war sie behandelt worden, sie, Erika Riemann. Schon in der Volksschule fiel sie auf, sie fiel aber auch sich selber auf. Sie konnte  nicht verstehen, dass ihre Klassenkameraden so lange brauchten, um ein paar Verse auswendig zu lernen. Sie konnte deren Langsamkeit kaum ertragen.

Aber auch die Langsamkeit der Lehrer machte ihr Mühe. Sie beklagte sich bitter bei ihrem Vater: „Gibt es nicht noch andere Dinge, die ich lernen kann? Gibt es nicht noch andere Lehrer, die mehr wissen? Ich langweile mich zu Tode in der Schule.“ Der Vater schaute sie verdutzt an, versprach aber, darüber nachzudenken und für zusätzliche Anregungen zu sorgen. Und er hielt Wort. Was er aber auch noch sagte, das fiel ihr jetzt im Auto wieder ein: „Kind, lass dir nicht zu viel anmerken. Bleibe bescheiden.“ Herz

Und sie wiederum hatte diesen Rat beherzigt und nur sich selbst eingestanden, dass sie eben anders war als die anderen. Sie wurde bewundert, neidlos. Für sie war es so in Ordnung.

Sie dachte, es würde immer so weitergehen.

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Plotten – aber wie? I: Die Schneeflockenmethode

Plotten – aber wie? I: Die Schneeflockenmethode

Die Schneeflockenmethode ist eine Möglichkeit, zu einem Plot zu kommen. Ein Plot beschreibt die Handlung eines Romans von Anfang bis zum Ende.

Der Plot ist das Rückgrat des Romans, hat mal jemand gesagt und einen Kurs so genannt.

Was bedeutet das? Wie geht die Schneeflockenmethode?

Dabei ist das Bild “Schneeflocke” eine Metapher. Die Schneeflocke hat ein Zentrum, aber sie hat auch viele Verästelungen und Spitzen. Sie verbindet sich mit weiteren Schneeflocken zu einem Schneeball. Wird also größer und größer und fester – weiter sollte man über die Metapher nicht nachdenken, denn sonst schmilzt unser schönes Konstrukt wie der Schneemann beim ersten Sonnenschein. Stellen wir uns also einen richtig guten alten Winter vor. Der Schnee liegt die ganze Saison über.

Ich konstruiere nun einen möglichen Roman am Beispiel einer Zeitungsnotiz, die ich als Inspirationsquelle nutze:

Jeffrey Toobin nach Masturbation im Zoom-Call vom New Yorker suspendiert

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Live-Seminar: das neue Format bei schreibwerk berlin

Was ist ein Live-Seminar?

Was ist ein Live-Seminar? Das werden sich viele fragen. So ging es mir ja auch, und ich biete schon seit inzwischen elf Jahren Online-Kurse an. Mit denen komme ich ganz gut zurecht: Die TeilnehmerInnen schreiben ihre Texte, darauf erhalten sie eine Antwort, von uns Anregungen, Tipps und Tricks, um diese Texte besser zu machen. Das allerdings geschieht zeitversetzt und schriftlich.

Ein bisschen Technik 

Live-Seminare dagegen  erlauben eine Begegnung, als wäre man miteinander in einem Raum. Man benötigt dazu lediglich ein bisschen Technik und die Lust am Thema. Technik heißt: Sie brauchen eine funktionierende Internetverbindung und einen Computer mit Kamera und Audiofunktion. Wir laden Sie zum Live-Seminar ein und sorgen für den reibungslosen Ablauf.

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Urlaub auf Abwegen – ein Text aus dem Sommerkurs

Im Sommerkurs “Pack die Badehose ein” entstanden – neben vielen anderen Texten – auch zwei Krimis. Einer davon ist von Andrea Gärtners “Urlaub auf Abwegen”. Sie lesen hier den ersten Teil und können dann auf der Homepage von Andrea Gärtner weiterlesen.

Urlaub auf Abwegen – von Andrea Gärtner

Erster Teil

Der Feuerschein erhellt die Nacht. In der Ferne heulen Sirenen. Im tanzenden Licht der Flammen steht eine Gestalt in kurzer Hose, die Kapuze des Pullovers über den Kopf gezogen. Barfuß und mit leeren Händen verharrt sie einen Moment regungslos, ehe sie den Parkplatz verlässt, und quer über die Wiese in Richtung Wald davonläuft.

Als die Feuerwehr eintrifft, schlagen die Flammen aus den geborstenen Fenstern des Wohnmobils. Der Gestank von schmelzendem Kunststoff liegt in der Luft. Die Feuerzungen spiegeln sich glänzend in feuchten Spuren auf dem Schotter des Parkplatzes.

„Das ist Blut!“, ruft einer der Feuerwehrmänner. Seine Stimme wird vom Donnern der explodierenden Reifen übertönt.

 

*****

30 Stunden zuvor

 

„Das ist Ole, mein Sohn. Er kommt mit uns.“

Bentje starrte Georg an.

„Sag ‚Hallo‘, Ole!“ Georg zerrte den schlaksigen Jungen mit dem typisch mürrischen Gesichtsausdruck eines Teenagers vor und lächelte Bentje aufmunternd an.

„Tach“, grummelte Ole. Sein Widerwillen war ihm so deutlich anzusehen, wie einem Nudisten, den man in einen Anzug gezwängt hatte.

Bentje, noch immer fassungslos, ließ ihre Reisetasche fallen. Georg griff beherzt zu. „Ole, verstau die doch schonmal im Wohnmobil“, sagte er und schob seinen Sohn mit der Tasche los.

„Ich weiß, das kommt etwas überraschend“, beteuerte er und legte seine Hand auf Bentjes Schulter. „Ich hatte vergessen, dass er diese Woche bei mir ist, bis seine Mutter ihn gestern Abend bei mir abgeliefert hat. Aber vielleicht ist es ja eine gute Gelegenheit, dass ihr euch kennenlernt.“

Bisher hatte Bentje die Unbekümmertheit, mit der Georg dem Leben begegnete, immer bewundert. Jetzt klingelten leise Alarmglocken in ihrem Inneren.

„Wir wollten diesen Ausflug machen, damit wir uns erst einmal besser kennenlernen“, antwortete sie. „Ich habe ja noch nicht einmal gewusst, dass du einen Sohn hast.“

Bentje und Georg waren vor einigen Monaten auf einer Internetplattform miteinander in Kontakt getreten. Die wenigen Treffen, die es bisher im echten Leben gegeben hatte, waren witzig, unterhaltsam und ja, auch befriedigend gewesen. Georg war spontan, impulsiv und beneidenswert lässig. So zumindest hatte Bentje es bisher eingeschätzt. Momentan hielt sie ihn für naiv und unverschämt.

„Ich glaube, das ist keine gute Idee“, sagte sie und zog ihre Schulter unter Georgs Hand fort. „Wir sollten das verschieben und du fährst jetzt mit deinem Sohn alleine.“

„Das kommt überhaupt nicht in Frage“, erwiderte Georg und zog sie mit sich zum Wohnmobil. „Wir haben uns so auf diese Tage gefreut. Und Ole ist eigentlich ganz unkompliziert, wirst schon sehen!“

 

*****

 

 

Ole hatte die Tasche der Trulla in den unteren Stauraum des Wohnmobils geworfen und war eingestiegen. Wo sein Vater diese dummen Gänse immer auftrieb, war ihm ein Rätsel. Wer nur halbwegs bei Verstand war, musste doch sofort merken, was für ein Arsch der war. Alleine diese Nummer jetzt wieder. Darauf zu bestehen, dass er mitfahren solle. Ole fand, er hätte genauso gut zuhause bleiben können. Ja, dann wäre er eben eine Woche allein gewesen. Na und? Er hätte schon nicht die Bude abgefackelt. Aber dass es hier zu dritt in diesem beknackten Camper friedlich zugehen würde, dafür übernahm er keine Garantie.

Er fläzte sich auf einen der hinteren Sitze, setzte seine Kopfhörer auf, zog die Kapuze tief ins Gesicht und rief den Chatroom seines Lieblingsforums auf. Ablenkung konnte er jetzt gut gebrauchen. Und das hatte er rausgehandelt: Wenn er schon mitkam, dann nur, wenn er unbegrenzten Zugang ins Netz hatte.

Als sein Vater und die Trulla endlich einstiegen, war Ole schon mit herold_wolf in ein mitreißendes Gespräch vertieft.

 

*****

 

Georg war zufrieden mit seinen Überredungskünsten. Zwar schmollte Bentje, aber, so wie er sie einschätzte, würde sie das nicht ewig durchhalten und dann könnten sie ein lauschiges Wochenende verleben. Er hatte schon lange davon geträumt, Ole mal mitzunehmen. Vielleicht würde das den Jungen ihm wieder näher bringen. Er hatte das dumpfe Gefühl, dass seine Ex dem Burschen jede Menge Blödsinn erzählt und ihn so bewusst von ihm entfernt hatte. Wie sonst sollte sich Georg das merkwürdige Verhalten seines Sohnes erklären, mit dem er früher durchaus Spaß gehabt hatte.

„Wo sind denn meine Sachen?“, riss Bentje ihn aus seinen Gedanken. Sie sah sich nach Ole um, der nicht reagierte.

„Was brauchst du denn?“, fragte Georg.

„Nichts. Ich will einfach nur wissen, wo meine Sachen sind.“

Georg wedelte mit der Hand zu den rückseitigen Sitzen und erwischte Oles Knie, was der mit einem genervten Schnauben quittierte. Georg patschte ein weiteres Mal hinter sich.

„Was?“, kam es knurrig von Ole, der die Kopfhörer abgenommen hatte. Laute dumpfe Beats waren zu hören.

„Wo hast du Bentjes Sachen gelassen?“, fragte Georg.

„Wo wohl? Im Stauraum.“

Bentje sah Georg fragend an.

„Was, unten drin?“, fragte der seinen Sohn.

„Du hast doch gesagt, ich soll die Tasche da rein tun.“ Ole setzte die Kopfhörer wieder auf und tippte auf seinem Handy herum. Die Musik wurde deutlich hörbar.

Georg fluchte leise vor sich hin.

„Stimmt was nicht?“, fragte Bentje misstrauisch.

„Nein, nein, alles in Ordnung“, beschwichtigte Georg. „Es ist nur so, dass der Stauraum so eine Art Garage ist. Da ist es schon mal dreckig. Naja, und es riecht auch ein bisschen nach Garage. Aber wir müssen sowieso gleich tanken. Wenn wir anhalten, holen wir deine Sachen da unten raus, okay?“ Er schenkte Bentje ein strahlendes Lächeln und tätschelte beruhigend ihr Knie. Sie ließ es geschehen, lächelte aber nicht zurück. Georgs Stimmung sank. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Bisher war es mit Bentje immer unkompliziert gewesen. Es gefiel er, wenn er seine Geschichten zum Besten gab. Sie lachte und ließ sich von ihm gerne mitreißen, mal etwas Neues auszuprobieren. Auch im Bett machte sie eine gute Figur. Dass sie nun derart miesepetrig war, enttäuschte ihn.

Hier lesen Sie den gesamten Krimi

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Landebahn – Roman von Stefan Gross erschienen

Roman “Landebahn” erschienen

Stefan Gross hat sich vor ein paar Jahren zum Schreiben entschlossen und seither immer mal wieder die Dienste von schreibwerk berlin in Anspruch genommen. Jetzt ist sein Roman “Landebahn” erschienen. Die Geschichte des Unternehmers Carl Hammer, der eigentlich alles hat, was man sich nur wünschen kann (mein Haus, meine Frau, mein Auto …) und dennoch in großer seelischer Not ist. Von seiner Firma nach Indien geschickt, biegt er dort kurzerhand von der vorgesehenen Route ab und badet sogar im Ganges – mit schlimmen Folgen. Vieles ist sehr überraschend in diesem Roman, an dessen Ende er sich nicht nur selbst findet, sondern auch seine Familiengeschichte kennt. Und seine Berufung. Ein durchaus positives Buch also, in dem viele Fragen auftauchen, die wir uns in der einen oder anderen Form selbst stellen.

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Das Auto-Biographische Experiment: ein Resümee

Sehr erfolgreich verlief die Probephase des innovativen Kurses “Das auto-biographische Experiment” von schreibwerk berlin.

 

Die Bilanz der Kursleiterin

In der Tat hatte ich eigentlich wenig Erwartungen – a) wusste ich nicht, ob sich überhaupt jemand dafür interessieren würde und b) war ich dann lediglich gespannt, ob es funktionieren kann, andere Menschen zur Distanzierung von sich selbst zu animieren.

Erwartungen weit übertroffen

Das Ergebnis hat meine (wie behauptet: nicht vorhandenen) Erwartungen weit übertroffen. Ich hatte an ganz anderer “Front” zu kämpfen als die TeilnehmerInnen, aber natürlich hat auch mir es Spaß gemacht, die Aufgaben durchzuspielen. Und ich habe für mich selbst daraus viel Befriedigung und überraschenderweise auch Befreiung (u.a. von Schuld) erfahren. Also für mich persönlich ist diese Methode, sollte ich überhaupt jemals meine Biographie schreiben – oder Teile davon, richtig. Das muss nicht für jede gelten, und galt auch nicht für jede, die hier mitarbeiten wollte oder mitgearbeitet hat. Dass ein Kurs nicht immer alle Leute, die daran teilnehmen, abholt und mitzieht, ist normal. Manche hatten ihr Zeitbudget überschätzt, andere ihren Mut, zu sich selbst und das vor anderen zu stehen, für wieder andere war die Methode einfach nicht die richtige.Besser schreiben lernen - kostenlos für 7 Tage testen

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Das Corona-Tagebuch: weitere Texte

Das Corona-Tagebuch war ein Themen-Special von schreibwerk berlin. Es lief vom 23. März bis zum 1. Mai 2020. Dann zerbrach es wie die übrige Gesellschaft in Gläubige und Ungläubige.  Die hier zu lesende Ausgabe hat den Titel: Corona-Tagbeuch: Träumen

28. März 2020
Beate van den Berg

Heute Morgen, ach du Schreck,
blieb mir meine Stimme weg.
Lieber Gott, es ist soweit,
das Virus macht sich in mir breit.
Doch dann kam mir ein Geistesblitz:
der Herr erlaubt sich einen Witz.
War ich doch gestern auf den Wiesen,
unter Pollen, diesen fiesen.
Doch der Schreck, der hat gesessen,
ich werd´ ihn so schnell nicht vergessen.

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Leben im Corona-Country – von Jochen Witte

Leben im Corona-Country – von Jochen Witte

Das Corona-Country – Also Deutschland im ersten Lockdown – hat Jochen Witte inspiriert, eine Geschichte zu schreiben.  Jochen Witte hat als Unternehmer und Manager in der Softwarebranche gearbeitet. Er hat bei schreibwerk berlin mehrere Online-Kurse absolviert. Jetzt segelt er und schreibt Geschichten.

Es klingelt an der Tür

Es klingelt an der Tür. Seltsam, wer kann das sein? Vielleicht unser Nachbar von gegenüber? Aber in diesen ansteckenden Zeiten meiden wir den Kontakt. Wenn wir uns draußen im Garten sehen, sprechen wir aus sicherer Distanz.
Ich lege mein Buch beiseite und betrete den kleinen Flur. Durch die Glasscheibe in der Haustür sehe ich zwei Polizeibeamte. Das ist das erste Mal in den bald sechzig Jahren meines Lebens, dass die Polizei bei mir klingelt. Ich ahne, worum es sich handeln könnte und öffne die Tür.

Ein Beamter steht etwa zwei Meter von mir entfernt, sein Kollege hält noch größeren Abstand. Wirken sie verlegen, oder kommt mir das nur so vor?
Höfliche Begrüßung, wir nicken uns zu. Ob wir aus Wiesbaden kämen, fragt der mir Näherstehende und zuckt mit seinem Kopf in Richtung unseres Wagens, der unter dem Carport abgestellt ist.

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