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Literatur und die Kunst des Schreibens

Literatur schreiben oder Fiction Writing – die Kunst des Schreibens

Fiction Writing bedeutet, Literatur zu schreiben. Vielleicht eine Kurzgeschichte oder einen Roman. Sie ERFINDEN eine Geschichte, die nicht wahr ist, aber wahr sein könnte. Literarisches Schreiben ist also kein Journalismus, sondern Ausbeutung des Lebens, der Wirklichkeit. In diese hinein erfinden wir Geschichten, die in ihr passiert sein oder noch passieren könnten. Oder in einer vollständig erfundenen Wirklichkeit, wenn Sie Science-Fiction schreiben.

Schreiben ist dynamisch und abwechslungsreich. Es kann uns in den Flow bringen und uns die Welt um uns herum vergessen lassen. Wir erweitern unseren Horizont, schärfen unsere Sinne und machen uns bereit, die Möglichkeiten einer Geschichte zu erkennen und zu verfolgen. Wir begeben uns also in eine Situation der Offenheit. Dabei können einige wenige Worte genügen, und schon knistert und prickelt es in der Luft. Es wird leidenschaftlich und poetisch oder spannend und geheimnisvoll.

Keine wahren oder unwahren Geschichten

Es gibt keine wahren oder unwahren Geschichten. Wichtig ist, was wir für möglich halten. Selbst die wunderlichsten Geschichten, wie z.B. die Lügengeschichten des Barons von Münchhausen, erscheinen während der Lektüre glaubwürdig. Weil sie in der Welt, die geschildert wird, einen glaubwürdigen Rahmen haben.
Durch das Schreiben schaffen wir eine eigene Welt. Vielleicht eine schönere, vielleicht eine, in der die Helden noch richtige Kämpfer sind und die größten Gefahren meistern. Vielleicht eine, die fantastisch ist wie das Wonderland von Alice, in der die Gesetze der wirklichen Welt nicht gelten. Oder in der man von Planet zu Planet spaziert wie Der Kleine Prinz von Antoine de St. Exupéry.

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Himbeerernte – eine Story von Antje Roß

Himbeerernte

Himbeerernte: Eine Kurzgeschichte von Antje Roß aus dem Online-Kurs Kreatives Schreiben

Antje Roß wohnt in Berlin und liebt den Wortwitz. Für eine gelungene Pointe gibt sie sogar den Nachtisch her.

Trotz der frühen Stunde

An jenem Morgen, einem Dienstag im Juli, zirpten die Grillen besonders laut. Welch ein Glück, dass Gisbert aufgrund des warmen, trockenen Wetters bei offenem Fenster geschlafen hatte.
Geweckt durch den schrillen Insektengesang, setzte er sich ruckartig im Bett auf und schaute auf die Uhr. 05:17 leuchtete es neongrün von der Digitalanzeige seines Radioweckers. Für gewöhnlich wurde er erst Punkt halb sieben durch den Alarm wach. Trotz der frühen Stunde und obwohl er bis nach Mitternacht beim Online-Spiel versackt war, fühlten sich weder Augen noch Körper noch Geist müde an. Das Zirpen schien lauter, intensiver zu werden. Gisbert war, als wollten ihm die Tiere eine Botschaft übermitteln. Er konnte deren Inhalt nicht klar deuten, aber es schwang eine Ankündigung darin, dass dieser Dienstag im Juli kein gewöhnlicher werden würde. Gisbert fühlte ein verheißungsvolles Kitzeln im Bauch und wunderte sich sehr darüber, denn eigentlich war er kein Fan von Experimenten und Überraschungen. Dieses Mal musste er das Abenteuer suchen, das da draußen auf ihn wartete.

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Der Geruch – eine Story von Rebekka Bode

Der Geruch

Story von Rebekka Bode

“Der Geruch” ist im Online-Kurs Kreatives Schreiben entstanden.
Die Deutsch-Amerikanerin Rebekka Bode wohnt mit ihrer Familie im Berliner Prenzlauer Berg und arbeitet als Architektin.

Ich kann den Ursprung des fauligen Geruchs einfach nicht finden. Zunächst war er nur in der Küche. Jens hatte mit mir am Freitagabend Schluss gemacht, am Samstag seine Sachen gepackt und war am Sonntag mit einem sicherlich schon vor Wochen beauftragten Umzugsunternehmer ausgezogen. Als ich am Abend plötzlich allein am Küchentisch saß und mich zwang, eine Dosensuppe zu essen, bemerkte ich den Geruch. Zunächst dachte ich, es sei die Spargelcremesuppe. Ich fischte die Dose aus dem Mülleimer und überprüfte, ob sie schon abgelaufen war. Wir hatten sie als Reservesuppe hinten im Regal stehen und ihr Deckel war schon ganz verstaubt. Doch nach dem Verfallsdatum war sie noch ein halbes Jahr lang essbar. Ich schüttete den Rest trotzdem in den Abfluss und ließ noch lange heißes Wasser nachlaufen. Die sämige Pampe sollte nicht im Siphon steckenbleiben.

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Kaleidoskop des Schweigens: Neuer Roman von Ursula Sinemus

Kaleidoskop des Schweigens von Ursula Sinemus

Ursula Sinemus starb im Mai 2019, zwei Jahre später erschien ihr posthumes Werk “Kaleidoskop des Schweigens” – durch Ko-Autorschaft von Hanne Landbeck. Bisher hatte sie zwei Romane veröffentlicht: Späte Lieben (2008) und Das Leben gehört den Lebenden (2012). Sie ist ein Beispiel dafür, dass man auch nach der Berufstätigkeit als Schriftstellerin erfolgreich sein kann. 

 Ursula Sinemus Ursula Sinemus

Kaleidoskop des Schweigens ist ein Familienroman über mehrere Generationen, Frauengenerationen: Lina kommt für ein Studienjahr aus den USA nach Deutschland, wo sie zum ersten Mal ihrer Oma Lotte begegnet. Die beiden Frauen beginnen, die Familiengeschichte zu schreiben. Lotte hat viel verschwiegen in ihrem Leben, eine Forke spielt eine Rolle, ein Schweinestall und eine quiekende männliche Sau. Auch ihre Tochter Eva schweigt: über ihre Rolle im Terrorismus und in der Familie. Und Linas Mutter hat sich in die USA abgesetzt. Wird es Lina gelingen, das Knäuel zu entwirren? Wird sie die Frauen zusammenbringen? Schließlich geht es mit Riesenschritten auf Lottes 90.Geburtstag zu … Ein Roman über vier Frauen, vier Generationen und ein Jahrhundert.

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Friedel, der Universalreparierer – eine Kurzgeschichte von Jochen Witte

Friedel, der Universalreparierer

Friedel, der Universalreparierer ist im Online-Kurs Literarisches Schreiben entstanden.
Jochen Witte lebt im Ruhrgebiet und arbeitet an seinem ersten Roman

Friedel stand hinter dem Tresen seines neuen Ladens und blickte hinaus auf den Marktplatz. Wenn er später an die Eröffnung zurückdenken würde, dann wollte er sich an dieses Gefühl erinnern: dass etwas Neues beginne, dass alles möglich sei.

Auch die Natur hatte etwas zu feiern. Die kleinen Grasgebiete schmückte sie mit Blumen, die Bäume mit frischem Grün, den Himmel tünchte sie blau und auf die Äste setzte sie Vögel, die vom Frühling zwitscherten.

Gestern, zur offiziellen Eröffnungsfeier, waren alle erschienen, hatten auf seinen Rücken geklopft, an seine Schultern geknufft und ihm Glück gewünscht. Seine Großeltern, die ihm das Geld für die Werkstatt geliehen hatten, seine Mutter, die sich endlich damit abzufinden schien, dass er sein Studium aufgegeben hatte und neugierige Nachbarn, die sich in den letzten Wochen bestimmt gefragt hatten, was für ein eigenartiges Geschäft da eröffnen sollte: Mr. Fixit – Reparaturen aller Art?    

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Intermezzo – eine Kurzgeschichte von Sarah Keschke

Intermezzo

ist im Online-Kurs „Kreatives Schreiben entstanden. Für die Aufgabe gab es eine Reihe von Wörtern, die in eine Geschichte eingebaut werden sollten. Zwei dieser Wörter – Leguan und vespern – bereiteten mir zunächst einiges Kopfzerbrechen. Was in aller Welt sollte ich damit bloß anfangen?! Dann jedoch formten sich erste Ideen für ein Handlungsgerüst in meinem Kopf, und plötzlich ließ sich alles wunderbar verwursten.

Sarah Keschke kommt aus Deutschland und lebt seit vielen Jahren in Schottland

Intermezz

Zum Wochenendhaus

Corinna steuerte ihren Wagen die Landstraße entlang. Bis zum Wochenendhaus waren es noch etwa zwanzig Minuten. Eigentlich hatte sie überhaupt keine Zeit, das Wochenende dort zu verschwenden. Sie musste noch dringend zwei Klassensätze Mathearbeiten korrigieren; ihre Planungen für die nächste Woche standen auch noch an. Vor dem Einbruch der Kälte sollte sie aber im Wochenendhaus wenigstens noch einmal nach dem Rechten sehen. Na ja, zumindest hatte sie ihre Arbeit hinten im Auto liegen.

Vielleicht würde sie trotzdem noch einiges erledigen. Sie seufzte. Die viele Arbeit und der Stress im Beruf wurden einfach nicht weniger. Sie hatte gehofft, dass mit etwas mehr Routine alles besser zu schaffen sein würde. Nun war sie siebenunddreißig Jahre alt, hatte ein knappes Jahrzehnt im Job hinter sich, und es änderte sich nichts. Die Arbeit erschien ihr wie Kaugummi an den Fingern – je mehr sie versuchte, sie loszuwerden, umso mehr blieb sie an ihr kleben. Sie hatte nie das Gefühl, „fertig“ zu sein. Immer fand sich noch etwas, das schon seit Langem darauf wartete, erledigt zu werden. Es war, als ob die Arbeit sich unter ihren Händen vermehrte. Die Instandhaltung des Wochenendhauses kam noch als zusätzliche Belastung hinzu.

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Das große Ich: Die Frauen und das Schreiben

Schreibtisch mit Aussicht: Die Frauen und das Schreiben

Was bedeutet das Schreiben für Frauen?

Der Band „Schreibtisch mit Aussicht“ versammelt Essays von Autorinnen unterschiedlicher Generationen (von Joan Didion – 1934 bis 2021 -, bis zu Olivia Sudjic, geb. 1988). Ausgehend von Joan Didions berühmtem Essay „Why I write“ thematisieren sie die das große „I“ (Ich), das das Schreiben bedeutet. Didion hat den Titel von George Orwell ausgeliehen und bringt das Schreiben auf die Formel:

In vieler Hinsicht ist das Schreiben der Akt, ich zu sagen“.

Dieser z.T. „aggressive Akt“ der Selbstbehauptung erweist sich für Frauen als mühsam – und vor allem für solche mit Kindern. Buggys, Windeln, Tränen abwischen, Rotz, der aus der Nase läuft … machen den Plan des Einsam-am-Schreibtisch-Sitzens oft einen Strich durch die Rechnung, so dass das Schreiben oft an einem anderen Ort stattfinden muss.

„Seit ich ein Kind habe, kann ich also überall schreiben (in Cafés, an fremden Tischen, abends im Bett, zwischen zwei Terminen). Aber nicht, weil ich das will, sondern weil es nicht anders geht“,

berichtet Antonia Baum, und führt aus, was fast noch schlimmer ist:

„Aber selbst – und das ist das Entscheidende – … bleibt man als Schriftstellerin doch auf den weiblichen Körper zurückgeworfen, weil er ein durch den männlichen Blick fetischiertes Objekt ist, das sich im Akt des Schreibens vermeintlich exponiert.“

Zimmer mit Aussicht“, auf den der Titel anspielt, war ein besonderer Film, heiter, unbeschwert, ein Film, der Freiheit, Leichtigkeit, Liebe und die Überwindung von Klassenschranken assoziierte. Vielleicht war das der Wunsch von Ilka Piepgras, der Herausgeberin der Anthologie „Schreibtisch mit Aussicht“: dem Gefühl der Freiheit beim Schreiben einen Platz zu geben?

Auf jeden Fall wollte sie “das klischeehafte Bild der zeitgenössischen Schriftstellerin” brechen und “ihre Kunst als das zeigen, was sie tatsächlich ist: harte Arbeit.”

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Das menschliche Herz hat zwei Kammern – von Simone Grawe

Das menschliche Herz hat zwei Kammern

von Simone Grawe beschreibt die außergewöhnliche Situation einer Mutter mit einem psychisch kranken Sohn

Simone Grawe lebte in Bern, sie starb im Frühjahr 2021. Sie war eine außergewöhnliche Frau mit viel Herz, Mut, Verstand und Schreibtalent.

Hier die Worte, mit denen sie Ihren Tod angekündigt hat: Früher sagte ich immer. „ich habs doch überlebt“. Vor drei Wochen … fragte der Sohn, “wie hältst du das nur aus?” ich: „gar nicht. es killt mich.” stimmt.

Das menschliche Herz hat zwei Kammern: Die eine heisst Glück, die andere Verzweiflung

Es ist gut, zerbrechliche Menschen um sich zu haben, das hilft einem, die Welt besser zu verstehen, obwohl ich nicht immer weiss, was ich mit diesem Verständnis anfangen soll. (Jon Kalman Stefansson)

Ich habe eine Freundin. Die hat einen komischen Sohn.

Dauernd ist sie mit diesem Sohn beschäftigt. Das regt mich auf, ärgert mich, nie hat sie Zeit, und wenn wir uns sehen – selten genug, dann jammert sie über den Sohn oder hat Angst um ihn oder ist völlig verstört, so dass ich sagen möchte: „Jetzt spinnst du aber selber schon, komm’ mal wieder runter.“

Offenbar habe ich es tatsächlich gesagt, denn sie schaut mich an, glotzt eher, dann: „Sorry. Was hast du gesagt?”

Wir sind bei ihr zuhause, eine sehr gemütliche Stube, die passt so gar nicht zu der Aufgeregtheit der Freundin: Sie rennt hin und her:

„Er will keinen Kontakt mehr mit mir. Er wirft mir vor, ich hätte sein Erbe veruntreut, ich lebe doch, ich hab’ doch gar keinen Zugriff zu irgendwelchem Erbe von ihm. Da schau!“, und sie zeigt mir die Postkarte, die sie eben erhalten hat.

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